Am 11. April 1983 machte sich Dave mit seiner Band auf den Weg, um in New York ihr Debütalbum aufzunehmen. Dave, ein hochbegabter Gitarrist, Sänger und Songwriter, war seit zwei Jahren als Leadgitarrist in der Band. Doch starker Alkoholkonsum und daraus resultierende Streitigkeiten hatten längst überhandgenommen, und so beschlossen die anderen drei Mitglieder, ihn aus der Band zu werfen. Sie packten seine Ausrüstung zusammen, fuhren ihn zum Port Authority Bus Terminal und setzten ihn in einen Greyhound-Bus nach Los Angeles.
Am Boden zerstört und kochend vor Wut, entfernte sich Dave immer weiter von seinem Traum, Kopf einer erfolgreichen Heavy Metal Band zu werden. In diesen dunklen Stunden schwor er Rache. Er würde eine Band zusammenstellen, die besser und größer werden würde als seine vorherige. Sie würde erfolgreichere Tourneen in ausverkauften Hallen organisieren und mehr Platten verkaufen, als sich seine früheren Bandkollegen jemals erträumen könnten.
Diese starke Motivation stellte selbst seinen Hang zum Alkoholkonsum und seinen ausufernden Jähzorn in den Schatten. Und so schaffte es Dave, seine Energien in eine konstruktive Richtung zu lenken.
Nach seiner Rückkehr nach Kalifornien musste er zwar zunächst wieder bei seiner Mutter einziehen. Er war außerdem gezwungen, seinen ersten richtigen Job anzunehmen, und zwar als Mitarbeiter eines Call-Centers, der Kunden Waren über das Telefon verkaufte. Doch die Arbeit brachte ihm genügend Geld ein, und so kündigte er nach einer Weile, rekrutierte Musiker – und gründete eine Band.
Der Rest ist Geschichte. Heavy Metal Geschichte. Big Style!
Denn Daves Familienname ist Mustaine. Die von ihm gegründete Band heißt bis heute Megadeath, und die Band, aus der er ausgeschlossen wurde, ist keine geringere als … Metallica.
Das Ergebnis von Dave Mustaine‘s ebenso langer wie bedrückender Busreise zurück nach Los Angeles war – zugegeben über Umwege – äußerst erfolgreich. Von 1983 an verkaufte Megadeath in den folgenden fast 40 Jahren über 50 Millionen Platten, füllte Konzertsäle auf der ganzen Welt und trat 1991 beim Rock-in- Rio-Festival vor sagenhaften 145.000 Zuschauern auf.
Megadeath spielte sich ebenso wie Metallica in die Riege der absoluten Top Acts des Heavy Metal und Dave Mustaine gilt als einer der versiertesten Gitarrenspieler überhaupt. Bei einer Internetabstimmung von Ultimate Guitar wurde er auf den dritten Platz unter den besten Rock- und Metal-Gitarristen aller Zeiten gewählt. Nicht zu vergessen, dass Mustaine längst zum Millionär geworden war.
WOW, Mission erfüllt, würde man sagen, denn Daves Geschichte liest sich wie eine klassische Kehrtwende, die das Scheitern in einen riesigen Erfolg verwandelt. Aber wie so oft hat die Story einen kleinen Haken.
2003, das heißt immerhin schon 20 Jahre nach dem besagten Rausschmiss in New York, wurde Dave Mustaine gefragt, wie er mit dem Ausschluss von Metallica letztlich persönlich zurechtgekommen sei. Metallica hat sich mittlerweile zur erfolgreichsten Heavy Metal Band der Welt entwickelt, die es sogar geschafft hatte, den Rock- und Pop-Mainstream zu erobern.
Den Tränen nah gab Dave Mustaine 2003 zu, sich wie ein Versager zu fühlen. Für jede verkaufte Megadeath-Platte verkaufte Metallica mindestens doppelt so viele. Und jeder Megadeath-Song, der es irgendwie in die Top 100 der Charts schaffte, traf dort auf gleich mehrere andere der großen Konkurrenten.
Dave Mustaine musste zugeben, nie den Erfolg gehabt zu haben, der Metallica beschieden war. Er fühlte sich abgelehnt. Er fühlte sich betrogen. Er fühlte sich wie ein Versager. Und das alles, obwohl er selbst Musikgeschichte geschrieben hatte.
Was sagt uns diese Story?
Aus meiner Sicht ist es ein faszinierendes Beispiel dafür, was für unser Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung ist: Nämlich die Art und Weise, wie wir Erfolg für uns definieren.
Die Sichtweise, wie Mustaine zu Beginn seiner Karriere Erfolg für sich definierte, war hilfreich. „Diese Jungs haben mich aus ihrer Band geworfen. Jetzt werde ich es ihnen zeigen, wie man eine noch größere, bessere und erfolgreichere Band aufbaut.“ Diese Einstellung half ihm, weiterzumachen und loszugehen.
Doch 20 Jahre später scheint diese Definition von Erfolg zu einer Art Gefängnis geworden zu sein, das ihn daran hindert, die großartigen Dinge zu würdigen, die er und seine Band erreicht haben. Tief im Inneren scheint es, als hätte Dave all das nichts bedeutet. Warum? Weil er sich selbst mit dem verglich, was er hätte sein können, wenn er bei Metallica geblieben wäre. Er verglich somit eine tatsächliche Leistung mit einer vorgestellten.
Meine heutige Herausforderung an dich ist deshalb sehr einfach. Hör auf, dich zu vergleichen. Lass es mich noch einmal wiederholen. Hör auf, dich zu vergleichen. Akzeptiere stattdessen, wer und wo du in der Wirklichkeit bist. Und feiere alle positiven Schritte, die du bis jetzt unternommen hast.
In unserer überbewerteten digitalen Welt besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass jemand mehr erreicht als du (oder das zumindest vorgibt). Ja, es kann durchaus hilfreich sein, sich das Vorgehen von anderen Menschen anzuschauen, um herauszufinden, was du besser machen kannst. Aber ohne dich dabei zu vergleichen.
Wenn du schätzt, „was ist“, anstatt zu bedauern, „was hätte sein können“, hast du aus meiner Sicht die Möglichkeit, mehr Klarheit, Ruhe und Freude finden. Und das macht dich dann auch besser in den Bereichen, die du verbessern möchtest. Am Ende wird jeder Neid, den du auf den Erfolg anderer empfindest, dich leider vor allem frustrieren und dir wichtige Kraft und Fokus nehmen.
Im Leben sollte es darum gehen, wie sehr du deine eigene Reise genießen kannst. Wenn du dabei etwas Rat und Unterstützung brauchst, schau‘ doch einfach mal in das unten abgebildete, richtig gute Buch, das Ende des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde :-).
Auf ein weiterhin gutes und gesundes 2024!
Euer Jörg
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