
Es war einer dieser Tage. Ich war unterwegs, um meine Eltern in Deutschland zu besuchen, und musste in Frankfurt umsteigen. Ich hatte genug Puffer eingeplant, um mich durch das riesige Flughafenlabyrinth zu manövrieren. Doch dann stellte sich heraus, dass ich beim Umsteigen den Flughafen quasi verlassen und mich erneut an der Sicherheitskontrolle anstellen musste.
Es war Freitagmorgen – Beginn der Schulferien. Die Schlange war endlos. Alle paar Minuten durften Leute vorgehen, weil ihr Anschlussflug gleich startete. Reines Chaos. Wir kamen kaum voran.
Um mich herum seufzten die Menschen, beschwerten sich, schüttelten die Köpfe. Und in mir baute sich dieses vertraute Ziehen auf – dieses subtile Gemisch aus Hilflosigkeit und Ärger. Ich wollte am liebsten rufen: „Lasst uns doch einfach durch!“ oder „Warum müssen wir überhaupt nochmal anstehen?“
Ich war fassungslos ungeduldig.
Da fiel mir eine Geschichte ein, die mir mein Mentor bei P&G, Mike Policastro, einmal erzählt hatte. Die Geschichte stammt von Richard Rohr, einem bekannten franziskanischen Priester. In seinen früheren Jahren holte Richard regelmäßig die Post ab und brachte sie ins Kloster:
„Die Leute nannten mich irgendwann den Postboten. Ich fühlte mich so nützlich, Post hin und her zu bringen. Aber jeden Tag musste ich an der großen Ampelkreuzung am Ende unserer Straße warten. Für meine Typ-A-Persönlichkeit schien diese Ampel immer ewig zu dauern.
Und eines Tages dauerte sie gefühlt noch länger – Plötzlich hörte ich deutlich, wie Gott zu mir sagte: ‘Richard, wirst du auf der anderen Seite der Bridge Avenue wirklich glücklicher sein?’
Ich musste schmunzeln. Wenn ich auf dieser Seite der Bridge Avenue nicht glücklich bin, werde ich es wahrscheinlich auch auf der anderen Seite nicht sein. ‘Warum also nicht einfach jetzt glücklich sein? ’
Seitdem wurde diese Ampel mein täglicher kleiner Meditationsplatz. Jedes Mal, wenn sie rot war, dachte ich: ‘Okay, hier darf ich wieder üben. Alles ist genau hier, genau jetzt. Wenn ich Gott, mich selbst und das, was wirklich zählt, nicht auf dieser Seite finde – dann sicher auch nicht auf der anderen.’“
Was für eine schöne Geschichte.
Wenn ich nicht, am Frankfurter Flughafen vor der Sicherheitskontrolle, im Hier und Jetzt sein und das Wesentliche spüren kann – wie soll ich es danach tun?
Dieser Gedanke machte mich allerdings noch ungeduldiger … richtig wütend sogar. Irgendwann kam ich endlich durch und erreichte meinen Anschlussflug rechtzeitig. Aber da war noch etwas zu lernen:
Wie kann ich in solchen Momenten schneller den Schalter umlegen?
Die Antwort kam von Stephen Levine.

Er sprach über das Konzept des „weichen Bauchs“ – ja, genau: der weiche Bauch. Eine einfache, sofort wirksame Meditationstechnik. Es geht nicht um tiefe Konzentration oder spirituelle Versenkung, sondern darum, das loszulassen, was sich anspannt, wenn das Leben nicht nach Plan läuft.
Wenn wir ungeduldig werden, reagiert der Körper zuerst: Die Schultern ziehen sich hoch. Der Kiefer spannt sich an. Und vor allem – der Bauch wird hart, als wolle er sich gegen das Unangenehme wappnen.
Levine erkannte, dass unser Bauch wie ein Barometer des Unkomfortablen ist. Wir spannen ihn an, wenn wir etwas verändern wollen. Daher ist seine Einladung sehr einfach:
„Lass den Bauch weich werden.“
Okay, lass uns das gleich hier gemeinsam einmal ausprobieren:
Atme tief in den unteren Bauch. Spüre deinen Bauch … ohne etwas zu erzwingen … nur wahrnehmen, ob er fest oder weich ist. Dann atme aus – und lass ihn sanft los.
Atme wieder tief ein – und drück den Bauch leicht nach außen. Halte ihn weich, entspannt.
Yeeeaahhh. Noch einmal. Bauch raus, weich bleiben. Und wiederholen.
Merkst du den Unterschied?
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie schnell sich der Körper beruhigt, wenn man den Bauch weich werden lässt. Der Geist mag noch ungeduldig sein – doch der Körper beginnt zu flüstern:
„Alles gut. Du bist in Sicherheit.“

Gandhi sagte einmal: „Wenn du deine Geduld verlierst, verlierst du die Schlacht.“
Wir denken oft, Sieg bedeutet, zu bekommen, was wir wollen. Aber manchmal liegt der wahre Sieg darin, unseren Frieden zu bewahren, wenn um uns herum alles außer Kontrolle ist.
Diese Woche – beobachte die Momente, die deine Geduld testen: die rote Ampel, den langsamen Download, oder das Gespräch mit deinem Partner, das sich im Kreis dreht.
Bevor du reagierst oder deine Geduld verlierst: Atme einmal tief ein – und lass den Bauch weich werden.
Atme erneut ein – und entspanne den Bauch noch mehr.
Ein drittes Mal tief einatmen – weich werden, tief ausatmen.
Es funktioniert. Garantiert.
Und wenn du etwas ruhiger bist, frag dich:
„Bin ich auf der anderen Seite dieses Moments wirklich glücklicher?“
Diese kleine Pause ändert vielleicht nicht die Situation – aber sie kann deine Reaktion verändern. Und vielleicht sogar dich. Genau dort liegt oft der wahre Sieg.

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