Ich bin vor Kurzem auf eine wunderbare Geschichte gestoßen, die mich überrascht und nachhaltig beeindruckt hat. Die Geschichte handelt von einem Mann mittleren Alters – nennen wir ihn Georgie – der starb, als er zwar noch nicht wirklich alt war, aber bereits einige wichtige Lebenserfahrungen gemacht hatte.
Nach seinem Tod wurde Georgie, im Jenseits von einem weisen alten Mann begrüßt, der ihn herzlich willkommen hieß und fragte: „Mein lieber Freund, willkommen in meiner Welt. Welchen Wunsch kann ich dir erfüllen?“
Georgie, überrascht von der warmherzigen Begrüßung und dargebotenen Gastfreundschaft, antwortete eifrig: „Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, ein schönes kleines Haus mit einem üppigen grünen Garten und prächtigen Bäumen zu besitzen.“
Im Handumdrehen fand sich Georgie in einer atemberaubenden kleinen Villa wieder, umgeben von einem ebenso atemberaubenden Garten voller leuchtender Blumen und majestätischer Bäume. Die Luft war warm, Bienen summten in der Brise und alles fühlte sich perfekt an. „Wow“, dachte Georgie, „das ist gar nicht so schlecht!“ Er bedankte sich bei dem alten Mann, ließ sich mit einer Tasse Tee in seinem schönen Garten nieder und genoss die friedliche Umgebung seiner perfekten Villa.
Er erkundete jede Ecke des Gartens, bestaunte vom Dach aus die schönen Blumen und satten Baumwipfel und verbrachte unzählige Nächte damit, die Aussicht von seiner Terrasse zu genießen oder sich drinnen am knisternden Kaminfeuer zu entspannen.
Aber nach ein paar Wochen schien er doch langsam genug von all der Idylle zu haben. Also rief Georgie noch einmal den weisen alten Mann an und fragte, ob er ihm noch einen weiteren Wunsch erfüllen könne.
„Natürlich“, antwortete der weise Mann und so äußerte Georgie, ohne zu zögern seinen zweiten Wunsch: „Ich habe immer davon geträumt, eine schöne Frau zu haben. Eine, die nett, intelligent, ein bisschen schelmisch und … wirklich, wirklich sexy ist.“
Zu Georgies Erstaunen verschwand der alte Mann und wurde durch die Frau seiner Träume ersetzt. Sie war alles, was er sich je gewünscht hatte … nett, klug und verspielt, insgesamt absolut umwerfend. Wochenlang genoss Georgie ihre Gesellschaft und lebte Fantasien aus, von denen er vorher, im wahrsten Sinne des Wortes nur träumen konnte. Doch mit der Zeit verlor selbst dieser erfüllte Wunsch seinen Reiz und so sehnte sich Georgie aufs Neue danach, der weise Mann möge zurückkehren und ihm eine weitere Bitte erfüllen.
Und so geschah es auch. Diesmal bat Georgie um nichts weniger als einen Privatjet und ein üppiges Budget, um mit seiner Traumfrau die Welt zu bereisen. Sofort brachte eine Limousine sie zu einem Privatjet, wo der Pilot fragte, wohin sie gerne fliegen würden.
„Irgendwohin, wo es warm ist, mit weißen Sandstränden und türkisfarbenem Wasser“, sagte Georgie. Und schon ging es los: zunächst in ein tropisches Paradies, später in schneebedeckte Berge und exotische Dschungellandschaften.
Nirgendwo machte es lange Spaß. Es kamen Kreuzfahrten, über die sieben Meere hinzu. Climbing, Ballonfahrten, Tauchausflüge, Safaris und andere luxuriöse Erlebnisse an abgelegenen und einzigartigen Orten. Überall war es in den ersten Tagen aufregend, aber mit jedem neuen Ort und jedem neuen Traum verblasste der Charme immer schneller. Was Georgie einst begeistert hatte, wurde jetzt nach nur wenigen Augenblicken blass und langweilig.
Schließlich bat Georgie, erschöpft von seinen endlosen Wünschen und Reisen, den weisen Mann um ein letztes Treffen.
„Ich habe genug vom Himmel gesehen. Bitte bring mich in die Hölle!“
Zu seiner Überraschung antwortete der weise Mann in lapidarem Ton: „Du bist bereits in der Hölle!“
Wow, was für eine Antwort. Aber vielleicht kann sie uns eine gute Lektion erteilen?
Wir alle haben Träume von dem, was unserer Meinung nach das Leben perfekt machen würde, sei es der ideale Job, die perfekte Beziehung oder endloser Luxus. Aber was, wenn Perfektion in ihrer reinsten Form uns leer und ruhelos zurücklässt? Wie Georgie könnten wir feststellen, dass ein Leben ohne Kampf und Herausforderung, ohne eigenes Bemühen und Arbeit zu einer Art von Hölle werden kann?
Die Schwierigkeiten und Unvollkommenheiten, mit denen wir im Leben konfrontiert sind, sind es, die uns wachsen lassen. Nur darüber nehmen wir wirklich teil, am Leben und machen Erfahrungen. Diese täglichen kleinen Kämpfe sind wie der regelmäßige und konstante Pulsschlag, der uns daran erinnert, dass wir am Leben sind und dass diese Kämpfe Teil der Reise sind.
Nicht, indem wir Widrigkeiten vermeiden, sondern indem wir sie annehmen, finden wir wirklich Sinn, egal wie schwer es sich manchmal auch anfühlen mag. Unsere Unvollkommenheiten und Herausforderungen machen uns zu stärkeren, widerstandsfähigeren Individuen.
Anstatt nach Perfektion zu streben, können wir Widrigkeiten vielleicht willkommen heißen und den Reichtum schätzen, den sie mit sich bringen. Schließlich ist es der Kontrast zwischen Höhen und Tiefen, der das Leben interessant macht. Denn ohne sie – das lehrt uns die Geschichte von Georgie – kann aus jedem vorgestellten Paradies letztlich doch eine Hölle werden.
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